15. November 2013
Unternehmerumfrage Herbst 2013
Die Perspektiven der Nordwestschweizer Wirtschaft haben sich laut einer Umfrage der Handelskammer bei Mitgliedfirmen mit Beginn des Winterhalbjahres 2013/14 aufgehellt. Die leichte Belebung der Konjunktur sollte anhalten und die Investitionen stimulieren, während die Beschäftigung bei leicht anziehenden Reallöhnen stagnieren dürfte. Grosse Sorgen bereitet den befragten Unternehmern der Verlust an Berechenbarkeit der Schweiz in wirtschaftspolitischen Fragestellungen.
Die verarbeitende Industrie hat schwierige Monate hinter sich. Die globale Nachfrageschwäche, weltweite Überkapazitäten und nicht zuletzt der starke Franken haben zu einer ungenügenden Kapazitätsauslastung und steigendem Margendruck geführt. Mit Beginn des Winterhalbjahres scheint der Wind etwas gedreht zu haben: Vermehrt berichten Industrievertreter von einer leichten konjunkturellen Belebung, mit verstärkter Nachfrage aus dem In- und Ausland und der Möglichkeit, die Preise vorsichtig anzuheben. Die positiven Eindrücke stammen primär aus dem Maschinen- und Anlagenbau, aus der Kunststoff- und Metallverarbeitung, aber auch aus der chemisch-pharmazeutischen Industrie. Die Impulse gehen von der Elektrotechnik, dem Handel, der Bauwirtschaft und einem generell leicht verbesserten Investitionsverhalten aus. Die Nachfrage belebt sich vorab im Ausland und insbesondere in Deutschland. Die Bodenbildung in Südeuropa wird von den Exporteuren aus der Nordwestschweiz zwar bestätigt, eine markante konjunkturelle Belebung kann aber nicht festgestellt werden. Hingegen schlägt die Wachstumsabschwächung in den Schwellenländern durch, während aus den USA positive Nachfrageimpulse ausgehen.
Skepsis versus Zuversicht
Bislang ist die Belebung erst in den Auftragsbüchern und wird erst langsam produktionswirksam. Bei den regionalen Transportunternehmen ist sie noch nicht angekommen. Die aktuellen Exportzahlen am EAP, an den Rheinhäfen und in der Statistik der Oberzolldirektion sind weiterhin schwach, die befragten Transporteure bleiben skeptisch und unter starkem Preisdruck.
Dem stehen die Bauwirtschaft sowie bau- und konsumnahe Branchen gegenüber. Sie haben ein zufriedenstellendes Jahr hinter sich und erfreuen sich eines anhaltend guten Geschäftsgangs. Positive Impulse gehen von der robusten Konjunktur, der geringen Arbeitslosigkeit und der zuletzt spürbaren Stabilisierung des grenzüberschreitenden Einkaufstourismus aus. Sie hat ihren Ursprung in der relativen Stabilität des Frankens und in der Annäherung der Preise im In- und Ausland durch die höhere Teuerung in Deutschland im Vergleich zur Schweiz. Diesen positiven Gesamteindruck stützt auch die Assekuranz. Sie profitiert von den steigenden Zinsen und der Nachfrage nach privaten und gesicherten Vorsorgelösungen. Die Banken stehen hingegen weiter unter Margendruck und unter politischen Druck. Die Kapitalanforderungen und das Ringen um Lösungen bei den unversteuerten Vermögenswerten belasten alle Banken. Sie profitieren aber von der Kreditnachfrage und der positiven Entwicklung an den Aktienmärkten in den vergangenen Monaten.
Nordwestschweizer Wirtschaft mit Schub ins Jahr 2014
Das laufende Jahr dürfte der Nordwestschweiz ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts bringen, das über den Vorjahreswerten und über dem nationalen Durchschnitt liegt. So eingemittelt kann von einem BIP-Wachstum um 2-2,5 Prozent (BAK-Prognosen vom CH Plus Oktober 2013: 2,1 Prozent für die Kantone BS+BL) gerechnet werden. Für das kommende Jahr ist mit einem höheren gesamtwirtschaftlichen Wachstum in der Nordwestschweiz zu rechnen, ein Wachstum um 2,5-3 Prozent bei einem schweizweiten Wachstum von 2-2,5 Prozent scheint realistisch. Zentral für die nationale und regionale Exportwirtschaft ist die Dynamik in Deutschland. Auch die USA, Japan und die grossen asiatischen Volkswirtschaften werden nach Erwartungen des Int. Währungsfonds 2014 stärker wachsen als im laufenden Jahr. Die strukturellen Risiken sind allerdings weiterhin gross: So ist weder die Schuldenkrise in Europa überwunden, noch sind die amerikanischen Staatsfinanzen im Lot. Und auch die Aussenhandelsungleichgewichte bergen weiterhin ausgesprochen grosse Risiken für die globale Stabilität. Aufgrund der anhaltenden weltweiten Überkapazitäten in der Industrie bleibt der Wettbewerbs- und Preisdruck hoch, wird die Investitionstätigkeit gebremst und das globale Heer von Arbeitslosen findet nicht in die Erwerbstätigkeit zurück.
Unternehmensvertreter der Nordwestschweiz äussern sich vorsichtig für 2014
Dementsprechend vorsichtig und zurückhaltend äussern sich auch die von der Handelskammer beider Basel befragten Experten: Kaum ein Industrieunternehmen, das mit Wachstum rechnet und plant; die Voraussehbarkeit sei so gering wie noch selten, die Kurzfristigkeit des Geschäftsgangs umso ausgeprägter. Gewiss scheint einzig der anhaltende Preis- und Margendruck, der dazu führt, dass der Personalbestand bestenfalls stabil bleibe, während die Investitionen in Anlagen, Bauten, IT und in den Markt zunehmen. Die Losung lautet, „Erhöhung der Flexibilität, Reduktion der Fixkosten und Optimierung der Prozesse mit dem Ziel, die Produktivität zu erhöhen und die Stückkosten zu senken“.
Etwas zuversichtlicher äussern sich die Vertreter der Bauwirtschaft. Sie gehen von einer anhaltenden Bautätigkeit v.a. im öffentlich Hoch- und Tiefbau sowie im gewerblich-industriellen Bau aus. Der private Wohnungsbau wird hingegen etwas zurückhaltender eingeschätzt.
Im Dienstleistungsbereich sind die konsumnahen Bereiche sowie die Assekuranz weiter zuversichtlich. Die befragten Unternehmensvertreter blicken dem kommenden Jahr also mit Zuversicht, aber auch Zurückhaltung entgegen. Die Investitionstätigkeit nimmt zu, die Beschäftigung bleibt konstant und die Löhne ziehen in der Industrie um 0,5-1 Prozent, im Dienstleistungsbereich um 1 Prozent und in der Bauwirtschaft um 1,5 Prozent an.
Wirtschaftspolitisches Sorgenbarometer
Zuoberst auf der Sorgenliste figuriert laut befragter Wirtschaftsexperten der drohende Verlust an Berechenbarkeit des rechtlichen Systems: Zweitwohnungsinitiative, Minderinitiative, 1:12 Initiative, Mindestlohn, Erbschaftssteuer – die Liste der Abstimmungen ist lange. Investoren und hochqualifizierte Kader befürchten verstärkte Eingriffe und beurteilen die Attraktivität der Schweiz für langfristige Investitionen und als Arbeitsplatz zunehmend schlechter. Direkt dahinter wird die Verkehrssituation, namentlich der Strassenverkehr, angeführt. Zunehmende Stauzeiten verursachen vermehrt Kosten bei den Unternehmen und führen zu einem Verlust an Attraktivität des Wohn- und des Arbeitsorts aus Sicht der Arbeitskräfte. Der am dritthäufigsten genannte Sorgenfaktor ist die steuerliche Situation für die Unternehmungen in der Region. Dabei steht bei vielen Unternehmen nicht so sehr die Unternehmenssteuerreform III im Vordergrund, sondern Höhe und Handhabung der „ordentlichen Gewinn- und Vermögenssteuern“. Eine Verbesserung im interkantonalen Vergleich sowie eine wirtschaftsfreundlichere Umsetzung bei Standortverlagerungen innerhalb der Schweiz werden gefordert.
Direktor
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