08. Mai 2015
Die Revision des Raumplanungsgesetzes ist verfehlt
Die Handelskammer lehnt die zweite Revisionsetappe des Raumplanungsgesetzes (RPG II) ab. Die Revision ist verfrüht und schiesst über das Ziel hinaus.
Zu den Grundzügen der Vorlage
Angesichts der zahlreichen Anpassungen und der Entwicklung der Raumplanung in der Schweiz über die letzten Jahre erscheint eine Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG II) sinnvoll. Allerdings entschied sich der Bund für einen äusserst ambitionierten Zeitplan, diese umzusetzen. In der Vorlage sind keine dringlichen Bestimmungen auszumachen und damit lässt sich dieser zeitliche Zwang nicht nachvollziehen.
Nicht zu vernachlässigen ist ebenfalls, dass die Kantone mitten im Umsetzungsprozess der ersten Revisionsetappe stehen. Da beide Etappen direkte Auswirkungen auf die Richtpläne haben, ist es nicht opportun, beide zeitnah in Angriff zu nehmen. Abgesehen von der administrativen Belastung wird der Zweck des Richtplans als langfristiges Planungsinstrument verwässert. Dies spricht für eine Aufschiebung, um die Zeitspanne zwischen den Richtplanrevisionen zu optimieren.
Des Weiteren stellen wir fest, dass vermehrt Inhalte im RPG aufgenommen werden sollen, die nicht Gegenstand der Raumplanungspolitik sein sollten (z.B. günstiger Wohnraum). Das RPG sollte nicht dazu eingesetzt werden, Sozial- oder Agrarpolitik zu betreiben.
Das RPG II ist grundsätzlich zu überarbeiten und nach Abschluss der ersten Etappe ab 2019 wieder in Vernehmlassung zu schicken.
Bemerkungen zu einzelnen Inhalten
Art. 1 (Ziele)
In Absatz 2 wird ein neuer Buchstabe (f) eingeführt, welcher Inhalte aus der Revision des Ausländergesetzes aufnimmt. Namentlich geht es um die Integration sowie die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Für die Handelskammer ist es schleierhaft, welchen Sinn eine derartige Bestimmung in den Zielsetzungen eines Raumplanungsgesetzes hat.
Art. 1 Abs. 2 Bst. f ist ersatzlos zu streichen.
Fruchtfolgeflächen (FFF)
Bei der Analyse der Umnutzung von Landwirtschaftsflächen zwischen 1985 und 2009 wird klar, dass die Industrie einen äusserst kleinen Anteil daran hat (5.2 Prozent). Sie ist somit nicht primär für den Rückgang von Landwirtschaftsflächen verantwortlich. Durch die bereits erfolgte Revision RPG I und nun mit den geplanten Bestimmungen des RPG II wird diese aber stark tangiert. Einer weiteren Verschärfung der Schutzmassnahmen für Fruchtfolgeflächen steht die Handelskammer kritisch gegenüber.
Die Verschärfung der Schutzbestimmungen für FFF wird abgelehnt. Folgende Anpassungen schlagen wir vor:
- Art. 8c Abs. 1 Bst. a: genügend Flächen geeigneten Kulturlandes, die der Landwirtschaft erhalten werden sollen, und zeigt Massnahmen auf, mit denen der Erhalt der Fruchtfolgeflächen sichergestellt werden kann;
- Art. 13b Abs. 1: Fruchtfolgeflächen sind in ihrem Mindestumfang gemäss Art. 13d grundsätzlich geschützt.
- Art. 13c Abs. 1: Werden Fruchtfolgeflächen eingezont oder für eine nichtlandwirtschaftliche Nutzung beansprucht, so muss derjenige Teil der Fläche kompensiert werden, welcher den Mindestumfang reduziert.
Bauen ausserhalb von Bauzonen
Das Bauen ausserhalb der Bauzone kann nicht sinnvoll und praxisnah auf nationaler Ebene geregelt werden. Auf kantonaler Ebene sind differenziertere Regelungen möglich, da diese auf die regionalen Besonderheiten eingehen können.
Ein grober Rahmen kann auf Bundesebene gesteckt werden. Dies wird mit Art. 23c Abs. 2 Bst. e auch versucht. Mit dem Begriff „enger sachlicher Bezug“ bleibt man aber wenig konkret und bietet Interpretationsspielraum. Zudem bleibt offen, wie die Situation gehandhabt werden soll, wenn der „Nebenerwerb“ zum Haupterwerb oder die landwirtschaftliche Nutzung aufgegeben wird.
Das Bauen ausserhalb der Bauzonen ist auf Kantons- und nicht auf Bundesebene zu regeln.
Koordination Raum- und Infrastrukturentwicklung
Die Erhebung von Sachplänen und Konzepten von der Verordnungs- auf die Gesetzesstufe stellt eine Chance dar. Die erhöhte Gewichtung könnte für viele Sachpläne, welche in den letzten Jahren ins Stocken gerieten (z.B. im Verkehrsbereich), wieder vorwärts bringen. Die Handelskammer sieht aber Schwierigkeiten bei der Beurteilung der regionalen Gegebenheiten. Mit dem heutigen Sachplan hat der Bund bereits die Möglichkeit, behördenverbindlich entsprechende Sicherungen von Räumen vorzunehmen. Er muss diese dann aber auch über die Genehmigung der kantonalen Richtpläne durchsetzen. Damit hat er die für die Regulierung und Wahrung seiner Interessen notwendigen Instrumente bereits in der Hand.
Eine Kompetenzerweiterung für den Bund bei Sachplänen lehnt die Handelskammer ab.
Zusammenarbeit in funktionalen Räumen
Mit der Zusammenarbeit in funktionalen Räumen soll die geordnete räumliche Entwicklung gefördert werden. Die Kantone sind hierbei angehalten, solche Räume zu bezeichnen und innert Fünfjahresfrist planerisch umzusetzen. Das erscheint im Grundsatz sinnvoll, die Handelskammer hinterfragt allerdings den Mehrwert dieser gesetzlichen Regelungen und den Sinn, dies als Vorschrift in den Richtplan aufzunehmen. Bereits heute existieren formell wie informell eine Vielzahl an Formen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von Regional-/Agglomerationskonferenzen über Agglomerationsprogramme bis hin zu Raumkonzepten.
Insbesondere der international-grenzüberschreitende Aspekt stellt eine unnötige Verkomplizierung dar und wird in Frage gestellt. Die Handelskammer erachtet es als sinnvoller, die Zusammenarbeit vielmehr als unverbindlichen Teil in die Planungen aufzunehmen. Ausserdem darf innerhalb der Schweiz die Zusammenarbeit über Gebiete und Körperschaften hinweg die Subsidiarität nicht verletzen.
Die Zusammenarbeit in funktionalen Räumen ist dann sinnvoll, wenn daraus ein Nutzen entsteht. Werden die Prozesse zu komplex und wird das Subsidiaritätsprinzip verletzt, ist das hinderlich für die Entwicklung und dies lehnt die Handelskammer ab.
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Stellungnahme zur Revision Etappe 2 des Raumplanungsgesetzes
Bereichsleiter Raumplanung, Energie & Umwelt
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