06. Dezember 2017
Steuervorlage 17
Die Handelskammer beider Basel ist mit der Steuervorlage 17 grundsätzlich einverstanden. Es gibt allerdings Punkte, die der Bund überarbeiten muss. Allen voran müssen die systemfremden und in die Steuerhoheit der Kantone eingreifenden Instrumente aus der Vorlage entfernt werden: Erhöhung der Mindestvorgaben für Familienzulagen und Erhöhung der Dividendenbesteuerung.
Auf internationaler Ebene haben die OECD, die EU als auch die G-20 ihre Bemühungen intensiviert, den Steuerwettbewerb zwischen den Ländern einzugrenzen. Damit sollen die Rahmenbedingungen soweit vereinheitlicht werden, dass „schädliche“ Auswüchse des Steuerwettbewerbs in Zukunft nicht mehr möglich sind. Eine solche Regelung betrifft in erster Linie die, in der Schweiz bekannten, kantonalen Steuerregimes für sogenannte Spezialgesellschaften (Holdings, Domizilgesellschaften und gemischte Gesellschaften). Nachdem die Vorlage zur Unternehmenssteuerreform III am 12. Februar 2017 vom Stimmvolk abgelehnt wurde, präsentierte der Bundesrat die Steuervorlage 17 (SV17).
Für unsere Region ist diese Steuerreform von vitaler Bedeutung. Fast 1‘000 Unternehmen sind in unserer Region sonderbesteuert. Das heisst es betrifft nicht nur die grossen Unternehmen, die wir alle kennen, sondern eine Vielzahl kleinerer Unternehmen. Diese Unternehmen beschäftigen in den beiden Basel 40’000 Personen. Nimmt man Zulieferbetriebe und Vorleistungen hinzu, steigt diese Zahl auf gegen 100’000 Arbeitsplätze. Dies entspricht über einem Drittel (37%) aller Arbeitsplätze in unserer Region. Ein wesentlicher Anteil der Gewinn- und Kapitalsteuereinnahmen stammt von diesen Unternehmen.
Die Steuervorlage 17 schafft gleich lange Spiesse und ist fair, da alle Unternehmen – vom internationalen Grosskonzern bis hin zum Gewerbetreibenden im Quartier – nach denselben Massstäben besteuert werden. Zudem sichert die Vorlage Arbeitsplätze und Steuersubstrat und stellt international anerkannte Kompensationsmassnahmen zur Verfügung.
Konzeption
Gegenüber der ursprünglichen Vorlage wurden in der SV17 den politisch linken Parteien wesentliche Zugeständnisse gemacht. So fiel die zinsbereinigte Gewinnsteuer aus der Vernehmlassungsvorlage, die Dividendenbesteuerung soll auf Kantons- und Bundesebene vereinheitlich und erhöht werden, die Vorgaben des Bundes zu den Familienzulagen sollen erhöht und die maximale Entlastungsbegrenzung reduziert werden.
Anliegen
Die Handelskammer beider Basel begrüsst, dass das Verständnis für die zeitliche Dringlichkeit der heutigen Situation vorhanden ist und in kurzer Zeit eine neue Vorlage präsentiert wurde. Die Handelskammer beider Basel unterstützt die vom Bundesrat vorgelegte Steuervorlage 17 grundsätzlich, da sie die Planungs- und Investitionssicherheit für Unternehmen und den Staat sicherstellt. Nachfolgend nimmt die Handelskammer Stellung zu den einzelnen Instrumenten und Inhalten der Vorlage und zeigt auf, wo der Bund die Vorlage noch überarbeiten muss.
Abschaffung der Regelungen für kantonale Statusgesellschaften
Aufgrund der internationalen Entwicklung und des damit verbundenen Drucks auf die schweizerische Unternehmensbesteuerung ist die Abschaffung der Regelungen für kantonale Statusgesellschaft unabdinglich. Bereits heute kann festgestellt werden, dass insbesondere international tätige Unternehmen ihren Steuerstatus freiwillig aufgeben. Diesen und den noch immer gesondert besteuerten Unternehmen gilt es schnellstmöglich Alternativen anzubieten, damit deren Steuerbelastung nicht sprunghaft ansteigt. Ansonsten läuft die Schweiz Gefahr, ihre Standortattraktivität einzubüssen.
Einführung einer obligatorischen Patentbox
Die Schweiz ist wohlhabend und erfolgreich, weil sie zu den innovativsten Ländern der Welt gehört. Rund die Hälfte der privaten Forschungs- und Entwicklungsausgaben werden heute von jenen Unternehmen finanziert, die von steuerlichen Sonderregelungen profitieren. Aus diesem Grund sollen Erträge aus qualifizierendem Eigentum vergünstigt besteuert werden und eine Patentbox für die Kantone verbindlich eingeführt werden. Die Handelskammer beider Basel begrüsst die Einführung einer Patentbox ausserordentlich und fordert, dass diese für alle Kantone verbindlich ist.
Einführung zusätzlicher Forschungs- und Entwicklungsabzüge
Die F&E-Inputförderung ist für die nationale Wirtschaft von grosser Bedeutung. Je nach Ausgestaltung der jeweiligen kantonalen Vorlage, ist nicht jeder Kanton auf dieses Instrument angewiesen. Aus diesem Grund ist es sinnvoll und richtig, die F&E-Inputförderung als fakultative Massnahme vorzusehen. Gegenüber der Unternehmenssteuerreform III wird das Instrument auf die Personalkosten beschränkt. Die Handelskammer kann dieser Einschränkung zustimmen, verweist aber die Notwendigkeit einer Abstimmung im internationalen Kontext. Es kann nicht sein, dass in der Schweiz angesiedelte Unternehmen Wettbewerbsnachteile haben.
Einführung einer Entlastungsbegrenzung
Die Handelskammer beider Basel hat Verständnis für die Einführung einer für die Kantone verbindlichen Entlastungsbegrenzung. Diese soll sicherstellen, dass ein Mindestbetrag zu jeder Zeit versteuert wird. Gegenüber der Vorlage zur Unternehmenssteuerreform III wurde der Betrag um 10 Prozentpunkte gesenkt. Für die beiden Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft wäre diese Erhöhung tragbar, da die Kantone in ihrer jeweiligen Vorlage tiefere Werte vorsehen dürften.
Erhöhung der Dividendenbesteuerung
Der Nettoeffekt der Vorlage auf die Unternehmen ist stark abhängig von der Ausgestaltung der kantonalen Gewinnsteuersatzsenkung. Der Entscheid zur Dividendenbesteuerung auf Kantonsebene soll in der Kompetenz der Kantone verbleiben. Die Kantone müssen unter Berücksichtigung ihrer Situation eine möglichst rechtsformneutrale Besteuerung selbst festlegen können. Den Kantonen im Steuerharmonisierungsgesetz eine Mindestbesteuerung vorzuschreiben und damit verbunden in die Steuerhoheit der Kantone einzugreifen, lehnt die Handelskammer beider Basel strikte ab. Dies würde zu einer materiellen Steuerharmonisierung führen und dem föderalistischen Steuerwettbewerb untergraben.
Erhöhung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer
Die Beschränkung des Kantonsanteils an der direkten Bundessteuer auf 20,5 Prozent (gegenüber von 21,2 Prozent in der USR III-Vorlage) gefährdet die Akzeptanz in den Kantonen, Städten und Gemeinden. Dies ist eine Diskussion der Kantone, die mit dem Bund zu führen ist. Die Wirtschaft fordert, dass die Kantone die finanzielle Möglichkeit haben müssen, um die notwendigen Massnahmen zur Erhaltung der Standortattraktivität ergreifen zu können. Die Handelskammer beider Basel fordert, dass diese Diskussion zwischen dem Bund und den Kantonen fortgeführt wird.
Berücksichtigung der Städte und Gemeinden
Dieser in der Unternehmenssteuerreform III fehlender Punkt dürfte wesentlich dazu beigetragen haben, dass einige Städte und Gemeinden die damalige Vorlage abgelehnt haben. Aus diesem Grund erachtet die Handelskammer beider Basel eine explizit in der Bundesvorlage festgehaltene Berücksichtigung als wichtig. Weitergehende Forderungen beispielsweise einer vollständigen Abgeltung potentieller Steuerausfälle auf Gemeindeebene beurteilt die Wirtschaft für die weitere parlamentarische Behandlung des Geschäfts als kontraproduktiv.
Erhöhung der Mindestvorgaben für Familienzulagen
Eine Erhöhung der Mindestvorgaben für die Familienzulagen ist ein Eingriff in den Föderalismus und sachfremd. Die 26 Kantone unterscheiden sich in der Wirtschafts- und Kaufkraft, weshalb es nicht sinnvoll ist, die Höhe der Familienzulagen auf Bundesebene zu regeln. Gleichzeitig erachtet es die Wirtschaft als wichtig zu betonen, dass die Familienzulagen keine Sozialversicherung sind, sondern vollständig von den Unternehmen bzw. den Arbeitgebern getragen werden. Durch die in der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagene Erhöhung der Zulagen um monatlich 30 Franken würden die Unternehmen mit jährlich über 300 Millionen Franken zusätzlich belastet. Ergänzend ist fraglich, ob das Stimmvolk bei einer allfälligen Abstimmung über die Vorlage nicht ähnlich reagieren würde, wie bei der vergangenen Abstimmung zur Rentenreform. Einer kantonalen Erhöhung der Familienzulagen kann die Handelskammer beider Basel je nach Ausgestaltung der kantonalen Vorlage und Höhe der Zulagen zustimmen. Eine auf Bundesebene vorgeschriebene Erhöhung lehnt die Wirtschaft hingegen ab.
Anpassungen bei der Transponierung
Die Streichung der 5-Prozent-Regelung ist eine systemfremde Anpassung, die nichts mit der Reform der Unternehmensbesteuerung zu tun hat. Sollte der Bundesrat an der Aufhebung der Mindestquote als Bestandteil der SV17 festhalten, beantragen wir, dass im Gegenzug explizit in den Materialien festgeschrieben wird, dass im Falle von Streubesitz bei Aktientauschtatbeständen im Rahmen von (Quasi-)Fusionen börsenkotierter Unternehmen und beim Verkauf von Mitarbeiteraktien kein steuerbarer Tatbestand vorliegt (Regelung in Analogie zu Ziffer 4.1. und Ziffer 4.2. ESTV Kreisschreiben 14 zur indirekten Teilliquidation). Darüber hinaus, geht die Handelskammer beider Basel davon aus, dass die weiteren Diskussionen rund um das Kapitaleinlageprinzip damit erledigt sind.
Kantonale Eckwerte nötig
Die Handelskammer beider Basel fordert, dass spätestens bis zu Behandlung im eidgenössischen Parlament in der Frühlingssession 2018 die jeweiligen kantonalen Eckwerte feststehen. Sollte dies wiederum, wie bei der Abstimmung zur Unternehmenssteuerreform III, nicht der Fall sein, birgt dies Gefahr für diverse Mutmassungen über die Auswirkungen auf Unternehmen und insbesondere KMUs. Eine solche Situation gilt es zwingend zu vermeiden. Die Handelskammer beider Basel fordert, dass der Bundesrat bei den Kantonen auf die Dringlichkeit der jeweiligen kantonalen Vorlage hinweist-
Bereichsleiter Finanzen und Steuern
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