01. September 2015
Stärkung der finanziellen Steuerung (StäfiS)
Die Handelskammer begrüsst die Stärkung der finanziellen Steuerung. Wie der Regierungsrat selbst festhält, reicht das Programm nicht aus, um das strukturelle Defizit in den Griff zu bekommen. Den Ersatz der Defizitbremse durch eine Schuldenbremse erachtet die Wirtschaft als gute Lösung, zweifelt jedoch an der praktischen Umsetzung.
Zur Vernehmungsvorlage
Das vom Regierungsrat Baselland vorgestellte Programm zur „Stärkung der finanziellen Steuerung (StäfiS)“ beinhaltet eine Totalrevision des Finanzhaushaltsgesetz (FHG), die Einführung eines Finanz- und Aufgabenplans (AFP) sowie die Anpassung der Rechnungslegung und Berichterstattung des Kantons.
Der Kanton Basel-Landschaft erhofft sich damit griffige und gestärkte Instrumente zur Steuerung der staatlichen Tätigkeiten. Da Baselland seit 2009 ein strukturelles Defizit ausweist, sind griffige Instrumente unabdinglich. Aktuell beträgt das strukturelle Defizit in der Erfolgsrechnung 113 Millionen Franken. Vorliegendes Programm ist allerdings nicht hinreichend, um das strukturelle Defizit in den Griff zu bekommen. Dazu sind konkrete Massnahmen notwendig, die der Kanton in der Finanzstrategie 2015-2019 skizziert hat, wobei die Wirtschaft der Ansicht ist, dass auch diese nicht ausreichen, um das strukturelle Defizit zu eliminieren.
Anliegen
Die Handelskammer beider Basel begrüsst die Stossrichtung, die mit dem Programm StäfiS vorgegeben wird und erhofft sich damit eine praktischere Handhabung, die dringend notwendig ist. Für eine effektive Steuerung der Kantonsfinanzen sind aus Sicht der Wirtschaft neben griffigen Instrumenten jedoch auch verlässliche Einnahmenprognosen notwendig. Die Wirtschaft ist der Meinung, dass dies in der Vergangenheit nicht immer der Fall war.
Flankierend benötigt der Kanton Basel-Landschaft eine Finanzstrategie, die sowohl kurz- als auch langfristige Massnahmen im Bereich der Ausgaben und der Einnahmen enthält. Die vom Regierungsrat vorgeschlagenen Massnahmen im Rahmen der „Finanzstrategie 2016-2019“ fokussieren stark auf der Ausgabenseite, während die Einnahmenseite nur durch Abschaffung von Steuerabzügen (im eigentlichen Sinn: Steuererhöhungen) berücksichtigt wurde. Die Wirtschaft erwartet auch im Bereich der Einnahmen langfristige und konkrete Massnahmen von der Regierung.
Eine mittelfristige Planung anstelle von Budget zu Budget erachtet die Handelskammer beider Basel als sinnvoll. Der Ersatz der 2008 eingeführten Defizitbremse durch Schaffung einer Schuldenbremse wird explizit begrüsst. Insbesondere, dass Ausgabenkürzungen Steuererhöhungen vorzuziehen sind. Die Wirtschaft zweifelt jedoch an der praktischen Ausgestaltung der vorgeschlagenen Variante. So werden Konjunktureffekte nicht oder nur indirekt berücksichtigt. Den Begriff Schuldenbremse erachtet die Wirtschaft zudem als nicht passend, da es sich um einen Schutz des Eigenkapitals im eigentlichen Sinne handelt. Des Weiteren ist die Einführung einer Schuldenbremse während eines strukturellen Defizits nur schwierig möglich, wie die Erfahrungen des Bundes bei der Einführung der Schuldenbremse im Jahr 2003 zeigten.
Langfristige strukturelle Probleme, wie beispielsweise demografische Entwicklungen, können mit dem vorgeschlagenen Programm nicht gelöst werden. Hier erwarten wir vom Regierungsrat Weitblick, um dieses Problem anzugehen.
Nachfolgend nimmt die Handelskammer beider Basel zu einzelnen Gesetzesartikeln des Finanzhaushaltsgesetzes wie folgt Stellung:
§ 4 Mittelfristiger Ausgleich
Abs. 1 Der Landrat hat die Erfolgsrechnung über den Zeitraum von 8 Jahren auszugleichen. Massgebend sind die vergangenen 4 Jahre und die kommenden 4 Jahre.
Der Ausgleich der Erfolgsrechnung basiert auf Prognosen über vier Jahre. Die Handelskammer beider Basel stellt sich die Frage, wie sichergestellt wird, dass eine Prognose über vier Jahre realistisch bzw. verlässlich ist. In Vergangenheit stellte sich heraus, dass bereits eine einjährige Prognose eine Herausforderung darstellt. Zudem besteht die Möglichkeit, mit einer Anpassung der Prognose die Schuldenbremse auszuhebeln, was nicht im Sinne des Gesetzgebers wäre.
Abs. 3 Wächst die Wirtschaft im Budgetjahr voraussichtlich stärker als der langfristige Trend, ist wenn immer möglich ein Ertragsüberschuss zu budgetieren.
Die Handelskammer erachtet die Definition als zu wenig strikt. Entsprechend lässt dies einen zu grossen Handlungsspielraum zu. Die Wirtschaft wünscht, eine verbindliche Formulierung im Finanzhaushaltsgesetz.
§ 5 Sicherung des Eigenkapitals
Abs. 1: Das Eigenkapital soll mindestens 4% des Gesamtaufwands des Kantons betragen.
Aus Sicht der Wirtschaft sind zwei Punkte fraglich. Erstens stellt sich die Frage, ob das Eigenkapital die richtige Zielgrösse darstellt, da unter anderem das Finanzvermögen des Kantons unterschiedlich eingeschätzt werden kann (bspw. Verkehrswertschatzung bei Immobilien im Finanzvermögen) bzw. Immobilien aufgewertet werden können. Zweitens kann die Wirtschaft nicht beurteilen, in welchem Kontext die 4% Eigenkapital zum Gesamtaufwand festgelegt wurden. Drittens stellt sich die Frage, ob der Gesamtaufwand die ideale Messgrösse darstellt und nicht beispielsweise die Einnahmen.
§ 37 Zuständigkeiten für die Ausgabenbewilligungen
Abs. 1: Der Landrat ist zuständig für die Bewilligung von
a. neuen einmaligen Ausgaben von mehr als 1 Mio. Fr.,
b. neuen wiederkehrenden Ausgaben von mehr als 200‘000 Franken.
Abs. 2: Der Regierungsrat ist zuständig für die Bewilligung von
a. neuen einmaligen Ausgaben bis 1 Mio. Fr.,
b. neuen wiederkehrenden Ausgaben bis 200‘000 Fr.,
c. gebundenen Ausgaben.
Die Handelskammer beider Basel hat Verständnis, dass mit dem neuen Aufgaben und Finanzplan (AFP) eine Erhöhung der Finanzkompetenzen des Regierungsrats notwendig ist. Allerdings fragt sich die Wirtschaft, ob eine solche Erhöhung in diesem Umfang zum aktuellen Zeitpunkt opportun ist.
§ 49 Anhang
Abs. 1. d den Eigenkapitalnachweis
Auch wenn das Harmonisierte Rechnungsmodell 2 (HRM2) dies nicht vorsieht, schlägt die Handelskammer beider Basel vor, den Eigenkapitalnachweis in einem separaten Abschnitt der Jahresrechnung aufzuführen und nicht erst im Anhang. Zumal das Eigenkapital für die vorgeschlagene Berechnung der Schuldenbremse relevant ist.
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Bereichsleiter Finanzen und Steuern
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