05. Februar 2015
Handelskammer lehnt kantonalen Protektionismus ab
Die geforderte Teilrevision des öffentlichen Beschaffungswesens führt zu kantonalem Protektionismus, bläht den staatlichen Kontrollapparat unnötig auf und bringt enormen Administrativaufwand für Unternehmen mit sich. Die Kosten werden die Unternehmen und Steuerzahler tragen müssen. Die Handelskammer beider Basel kann die mit der Gesetzesinitiative einhergehende Beschränkung des freien Marktzuganges nicht gutheissen und fordert, die Wettbewerbsfreiheit über die Kantonsgrenzen hinweg aufrecht zu erhalten. Sie lehnt daher die Gesetzesinitiative ab und bittet die Kommissionsmitglieder des Landrates die vorliegenden Argumente in ihrer Beratung zu berücksichtigen.
Falsch geplanter „Heimatschutz“
Durch die Teilrevision des Gesetzes wird der Marktzugang für ausserkantonale Unternehmen schwieriger. Eine Zusatzklausel im aktuell gültigen Beschaffungsgesetz, welche definiert, dass Beschränkungen des Zugangs zum freien Markt unter keinen Umständen zu einem Handelshemmnis zu Gunsten einheimischer Wirtschaftsinteressen führen darf, wird ersatzlos gestrichen. Damit kommt der Gesetzesentwurf auch mit dem Bundesgesetz über den Binnenmarkt (BGBM 943.02) in Konflikt. Dieses hat nämlich diesen Passus im Artikel drei verankert „Beschränkungen <…> dürfen in keinem Fall eine verdeckte Marktzutrittsschranke zu Gunsten einheimischer Wirtschaftsinteressen enthalten.“
Der Fokus des Initiativtextes liegt auf dem Bauhaupt- und dem Baunebengewerbe. Um aber Lohndumping in allen Bereichen zu bekämpfen, wie der Titel der Initiative suggeriert, ist das zu einseitig. Anstelle der versprochenen fairen Wettbewerbsbedingungen, wird durch die Teilrevision eine Ungleichbehandlung von Unternehmen und Branchen bewusst in Kauf genommen.
Bikantonale Übereinstimmung
Die bisherigen Bestrebungen der beiden Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft, für ihre Unternehmen eine möglichst einheitliche Grundlage im Beschaffungswesen zu schaffen, wird mit dieser Gesetzesinitiative unterwandert. Während grössere Unternehmen die ungleichen Beschaffungsgesetze und deren Auswirkungen bereits jetzt elegant umschiffen, indem sie in den jeweiligen Kantonen Niederlassungen betreiben, haben kleinere Unternehmen diese Möglichkeiten aus finanziellen Gründen nicht. Anstelle der versprochenen fairen Wettbewerbsbedingungen wird hier eine Ungleichbehandlung von Unternehmen bewusst in Kauf genommen.
Aufblähung des Kontrollapparates
Neu soll ein Beirat, bestehend aus mindestens sieben Mitgliedern, das öffentliche Beschaffungswesen unterstützen und begleiten. Die Mitglieder werden zwar vom Regierungsrat gewählt, vorgeschlagen werden sie jedoch ausschliesslich von „Dachverbänden der Sozialpartner“. Damit können kantonale Wirtschafts-, Gewerbeverbände und Gewerkschaften direkt die Zusammensetzung des Beirates beeinflussen.
Zusätzlich soll ein weiteres Kontrollorgan beim Kantonalen Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA) angesiedelt werden. Dessen Pflichten und Vorgehensweisen sind im Initiativtext teilweise sehr detailliert, teilweise sehr allgemein festgehalten. Zur Erfüllung dieser Aufgabe wird das KIGA mit den „notwendigen Ressourcen“ ausgestattet. Sie kann auf Antrag von Kontrollorganen Sicherstellungen von anbietenden Unternehmen zurückbehalten und diese als eingenommene Strafbeträge, für die ihnen übertragenen Kontrollaufgaben verwenden.
Der Haushalt des Kantons Basel-Landschaft würde durch die Schaffung dieses Kontrollapparates zusätzlich unnötig belastet. Mit dem aktuellen Beschaffungsrecht auf öffentlicher Ebene und den allgemein verbindlichen Gesamtarbeitsverträgen ist die Grundlage für Prüfungen im Einzelfall schon jetzt ausreichend geregelt.
Administrativer Mehraufwand und hohe Kosten zu Lasten der Unternehmen
Seit Jahren kämpft das Gewerbe gegen den hohen Verwaltungsaufwand und wiederholt haben sich Wirtschaftsverbände für KMU stark gemacht und sich für eine Verminderung des Zeitaufwandes für administrative Abläufe eingesetzt. Die Initianten haben nun allein unter dem Titel „Nachweis und Kontrolle“ sieben neue Paragraphen eingefügt, die zu einem grossen Teil die Nachweispflichten für Auftragnehmer erhöhen. Zusätzlich wird die Beweislastumkehr bezüglich Gesetzestreue eingeführt. Damit hat ein Unternehmen nur dann Aussicht auf einen Auftrag, wenn es nachweisen kann, dass es die Gesetze vollumfänglich einhalten wird. Dieser Nachweis soll vor dem Zuschlag und auf eigene Kosten erfolgen.
Die bereits beschriebenen, gesetzlich verankerten Sicherstellungen in Form von Konventionalstrafen, Kautionspflichten und Garantiedepots können bis zu 20 Prozent der Auftragssumme betragen. Viele Unternehmen werden sich das nicht leisten können, da der deponierte Betrag erst dann freigegeben wird, wenn alle Kontrollen seitens KIGA oder anderen Kontrollorganen abgeschlossen worden sind.
Rechtsunsicherheit
Das Gesetz ist materiell wie eine Verordnung ausformuliert. Während einige Punkte bis ins kleinste Detail geregelt sind, wird in zahlreichen Paragraphen auf weitere Paragraphen oder andere Gesetzestexte verwiesen. Insgesamt ist der Gesetzesentwurf schwer verständlich und birgt dadurch die Gefahr der Rechtsunsicherheit.
Für Unternehmen ist es wichtig, über die gesetzlichen Grundlagen bei einer öffentlichen Ausschreibung informiert zu sein. Sie müssen wissen, welche Voraussetzungen zu erfüllen sind und über welche Möglichkeiten sie im Submissionsprozess verfügen können. Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf werden die KMU mit grossen Unklarheiten zu kämpfen haben.
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