01. Oktober 2015
Energiegesetz Basel-Landschaft
Die Handelskammer beider Basel lehnt die vorgeschlagene Energiesteuer entschieden ab. Das Energiegesetz enthält sinnvolle Stossrichtungen, verliert sich aber in Detailvorschriften und lässt vor allem die Wirtschaftlichkeit vermissen. Deshalb fordert die Handelskammer die Rückweisung an die Regierung zur Überarbeitung.
In der Kürze liegt die Würze
Einführend halten wir folgende Punkte fest:
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Die Steuer ist gesetzlich Neuland und steht auf einem wackligen Fundament. Ausserdem schafft sie Differenzen, die Konfliktpotenzial bergen.
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Die Steuer sendet ein falsches Signal an Unternehmen zu einem Zeitpunkt, in welcher sie mit der Frankenstärke und anderen wirtschaftspolitischen Herausforderungen zu kämpfen haben.
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Vorschriften zur Installation komplexer Technik und Zwang zum Gebrauch erneuerbarer Energieträger hat eine negative Wirkung auf die Innovationskraft. Eine Reduktion des Wärmebedarfs durch neuste Bautechnik und durch eine angemessene Isolation von Gebäuden hat eine direkte Wirkung auf den Energiekonsum.
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Die zunehmende Komplexität der Gebäude- und Energieversorgungstechnik hat nicht nur eine negative Auswirkung auf den Ressourcenverbrauch und damit im Allgemeinen eine negative CO2-Bilanz, sie hat auch eine negative Kostenfolge.
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Die Vorlage vernachlässigt einige grundlegende Fakten, welche sowohl den Zweck wie auch den verursachten Aufwand des Gesetzes in Frage stellen.
Die Handelskammer bittet die Kommission unter Berücksichtigung aller im Folgenden aufgeführten Argumente, dem Plenum Folgendes vorzuschlagen:
- Die Energiesteuer (§36a, Geschäft Nr. 2015.289) wird abgelehnt
- und das Energiegesetz (Geschäft Nr. 2015.288) wird zur Überarbeitung an die Regierung zurückgewiesen.
1. Widersprüchlich
Das Energiegesetz sieht eine Anschlusspflicht an Fernwärmenetze vor. Diese können nach aktuellem Stand nicht ohne den Gebrauch von Erdgas betrieben werden. Betriebe, die Fernwärme produzieren, gelten als Industrieanlage und können sich deshalb von der Abgabe befreien lassen. Nicht so alle kleineren Betriebe oder Private, die ihre Gebäude energetisch effizient mit einer erdgasbetriebenen Direktbeheizung wärmen.
Die Steuerbefreiung eines ineffizienteren Betriebs und Steuerbelastung eines effizienteren Betriebs, welche denselben Rohstoff zum selben Zweck verwenden, ist widersinnig.
Weiter sieht das Energiegesetz in erster Linie eine Reduktion von Treibhausgasen vor und geht nicht von einer effektiven Mangellage aus. Daher ist es nicht nachvollziehbar, weshalb bei der Besteuerung nach Wärmeverbrauch Erdgas gegenüber dem Heizöl benachteiligt wird (Erdgas hat einen um fast ein Viertel geringeren CO2-Ausstoss pro kWh als Heizöl).
In der Energieabgabe hätten wir eine Belastung nach Emissionswerten erwartet, nicht nach Kilowattstunden.
2. Wirksamkeit bisher schwach
Für die meisten Hauseigentümer erfolgen Sanierungsarbeiten primär mit dem Ziel der Werterhaltung oder Komforterhöhung. Die Förderbeiträge tragen nur minimal zu einem höheren Sanierungsvolumen bei und sind eher willkommener Mitnahmeeffekt.
Eine Verdreifachung der Fördergelder für das Gebäudeprogramm dürfte die Wirkung nicht proportional erhöhen, mit dem zusätzlichen negativen Effekt, dass eine noch geringere Wirksamkeit pro Förderfranken als bisher resultiert.
Bei der Gebäudesanierung einerseits resultierten bisher Kosten zur Vermeidung einer Tonne CO2 von 250 Franken. Durch den Einsatz erneuerbarer Energien andererseits resultierten Kosten von 74 Franken pro Tonne CO2. Zum Vergleich: Im EU-Zertifikatehandel kostet eine Tonne CO2 aktuell etwa 6 bis 8 Franken.
Die Handelskammer erachtet eine Verdreifachung der Förderung, zumal über eine neue Steuer, als verfehlt. Vielmehr ist der effiziente Einsatz der Mittel zu optimieren, am besten bei der Gebäudeisolation.
§36a „Energieabgabe“ streichen.
3. Der einfache Weg
KISS – Keep It Simple Stupid
Die Komplexität der Energieversorgung nimmt mit den vorgeschlagenen Vorschriften in einem Mass zu, dass die Einhaltung der Vorschriften kaum kontrollierbar ist. Zudem unterliegen komplizierte Systeme automatisch einem höheren Wartungsaufwand. Das kostet Geld und Zeit.
Eine Reduktion des Wärmebedarfs kann man bei Neubauten am besten mit der Anwendung hochdämmender Bauweise erreichen, bei Altbauten mit einer Isolation, welche bauphysikalische Grenzen angemessen berücksichtigt. Dadurch lässt sich eine direkte Reduktion des Energiekonsums erreichen.
Die Regulierungsdichte im Gebäudebereich ist zu reduzieren. Dies betrifft insbesondere die Anforderungen an die technischen Einrichtungen.
Z.B. §10 „Sparsame und effiziente Energienutzung“, Abs. 2 ergänzen mit: „Dabei ist die Verhältnismässigkeit und die wirtschaftliche Tragbarkeit ist zu wahren.“
Der Weg ist nicht das Ziel
Dem Staat steht es nicht zu, technologische Entwicklungen durch gezielte Förderung zu forcieren. Vorschriften können Effizienzziele vorgeben, die technische Umsetzung muss frei bleiben. Für Entwicklung und Fortschritt in der Technik ist das eine grundlegende Voraussetzung. Alles andere wirkt investitionshemmend, da nicht Innovation gefördert wird, sondern bestehende Technologien zementiert und der Ansporn zu Neuentwicklungen reduziert werden.
Die Handelskammer fordert, dass nicht der Weg, sondern nur Ziele vorgegeben werden. Z.B. §18 „Wärmenutzung bei Elektrizitätserzeugungsanlagen“ streichen.
4. Teuer, teurer am teuersten
Eine vollständige Substitution fossiler Wärmeerzeugung lässt sich nur mit tief greifenden Sanierungsmassnahmen, bei einer Vielzahl der Gebäude nur mit Abbruch und Neubau, erreichen. Eine Reduktion auf einen Wärmebedarf von 30 kWh/m2a ist beim Altbaubestand gar nicht möglich. Auch ein vollständiger Ersatz mit Wärme aus erneuerbaren Energien ist illusorisch, selbst wenn die Rückkehr auf das Heizen mit Holz einen messbaren Beitrag leisten könnte. Unter diesen Voraussetzungen ist ein mittlerer Aufwand von 100’000 Franken pro Gebäude zur vollständigen Vermeidung fossiler Wärmeerzeugung optimistisch. Doch alleine bei dieser Annahme ergibt sich für die laut Gesetz sanierungsbedürftigen Gebäude bereits ein Investitionsbedarf von 7.5 Milliarden Franken. Dies zur Vermeidung von 515’000 Tonnen CO2 pro Jahr.
Die Verhältnismässigkeit muss im Auge behalten werden. Viele Vorschriften sind zu entschärfen. Z.B. §13 „Klimaanlagen zur Kühlung, Befeuchtung und Entfeuchtung“, Abs. ergänzen mit: „Davon sind technisch bedingte Klimaanlagen im Gewerbe- und Industriebereich ausgenommen.“ §14 „Elektroheizungen“, Abs. 1 ergänzen mit: „Für begründete Ausnahmen wird eine Bewilligung ausgestellt.“
5. Considerandum est
Die unterschätzte Wirkung der Lebensdauer
Der Energiebedarf von Gebäuden wird sich auch ohne staatliche Förderung laufend reduzieren: Fortschreitende Technik und die natürliche Erneuerung des Gebäudeparks werden dazu beitragen.
Heizungen: mittlere Lebensdauer 25 bis 30 Jahren. Bis 2030 (in 15 Jahren) werden also mindestens 50 Prozent aller Heizungen mit neuster Technik sowieso ersetzt sein.
Gebäude: mittlere Lebensdauer 80 Jahre. Bis 2030 (in 15 Jahren) werden rund 20’000 Gebäude (ca. 23 Prozent) abgebrochen und durch Neubauten ersetzt werden.
Die Massnahmen berücksichtigen die natürliche Erneuerung nicht und die Förderung wird zu einem grossen Teil als Mitnahmeeffekt in Anspruch genommen.
Das Kind beim Namen nennen
Eine Wirkung auf das Klima ist mit den Massnahmen der Vorlage nicht gegeben. Selbst dann nicht, wenn diese Vorbildsfunktion für den Rest der Schweiz hätten und vollumfänglich kopiert würden. Kommt hinzu, dass sich Nachahmer solche Massnahmen zunächst auch einmal leisten können müssen, um einen Multiplikatoreffekt zu erzielen. Die Wettbewerbsnachteile durch höhere Baukosten und, daraus resultierend höhere Wohn- und Lebenskosten, werden überwiegen.
Die Handelskammer wehrt sich gegen die vorgeschobene Argumentation, dass das Energiegesetz dem Umweltschutz dient. Dazu ist der Einfluss verschwindend gering.
Interessierten Kommissionsmitgliedern kann die Handelskammer das ausführliche Papier, welches diesem Factsheet zugrunde liegt, gerne zukommen lassen.
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Bereichsleiter Raumplanung, Energie & Umwelt
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