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07. Juli 2014

Innovationstreiberin für Wirtschaft und Gesellschaft

Per 1. Januar 2015 wird der Leistungsauftrag der Trägerkantone an die Fachhochschule Nordwestschweiz erneuert. Dieser hält die Ziele und Entwicklungsschwerpunkte der Hochschule für die Periode 2015 bis 2017 fest. Wie die Hochschule ihre Rolle zwischen Wirtschaft und Gesellschaft sieht und die gesetzten Ziele erreichen will, erklärt Ursula Renold, Präsidentin des Fachhochschulrats.

 

Seit ihrer Gründung 2006 hat sich die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) vorbildlich entwickelt. Mit über 10‘000 immatrikulierten Studierenden ist die FHNW die drittgrösste und damit eine der führenden Fachhochschulen der Schweiz. Kurz vor der Erneuerung des Leistungsauftrags durch die vier Trägerkantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt und Solothurn für die Periode 2015 bis 2017, kann die Fachhochschule auf ein gelungenes Jahr zurückblicken: mit 3,4 Millionen Franken Ertragsüberschuss und hohen 50 Prozent Selbstfinanzierungsgrad ist die Hochschule gut positioniert. Um den neuen dreijährigen Leistungsauftrag erfüllen zu können, beantragen die Regierungen für die FHNW von den Parlamenten einen Globalbeitrag von knapp 683 Millionen Franken.

 

Für welche Ziele die beantragen Gelder eingesetzt werden und welche Rolle die FHNW als Ausbildungsstätte für gesuchte Fachkräfte in der Life Sciences-Branche spielt, erklärt Ursula Renold, Präsidentin des Fachhochschulrats im Gespräch mit der Handelskammer beider Basel.

 
HKBB: Frau Renold, welche Ziele setzt sich die Fachhochschule für die Periode 2015 - 2017? 

Renold: Strategisch will sich die FHNW als praxisnahe Fachhochschule behaupten. Das Kerngeschäft bleibt dabei die berufsqualifizierende und forschungsgestützte Ausbildung. Die Fachhochschule will dabei grundsätzlich "mit dem Markt" wachsen. Dieses Ziel gilt für die Studiengänge in der Technik, den Life Sciences, in Bau, Architektur und Geomatik, sowie für die Wirtschaft und die Pädagogik. Das heisst, ihre Produkte müssen für die Arbeitswelt relevant gestaltet sein, sodass die (künftigen) Studierenden die FHNW als erste Adresse und Wunschhochschule wählen und nach ihrem Abschluss sowie dem erfolgreichen Berufseinstieg auch weiterempfehlen. Langfristig sollen so die Fachkräfte in der Region gehalten werden. Ganz wesentlich tragen dazu auch die Forschungs- und Entwicklungsprojekte der FHNW bei. Auch hier will sie in ausgewählten Schwerpunkten nachgefragte, international kompetitive und anwendungsorientierte Forschung betreiben und so zur Innovationsfähigkeit ihrer regionalen KMU-Partner beitragen. Es freut uns in diesem Zusammenhang ganz besonders, dass die kantonale Volkswirtschaftsdirektorenkonferenz das Projekt Schweizer Innovationsparks Region NWCH neben den beiden Hubs der ETH Zürich, der EPFL Lausanne und dem Projekt InnovAare des Kantons Aargau gutgeheissen hat. Zudem soll die FHNW bis 2017 mit Hilfe vier interdisziplinär angelegter „Strategischen Initiativen“ Felder für künftige Aktivitäten erschliessen: "EnergieChance" (Energieeffizienz, -erzeugung und -wirtschaft), "Unternehmertum" (Unternehmensgründungen, Cultural Entrepreneurship), "EduNat" (Förderung des Unterrichts im MINT-Bereich auf allen Schulstufen) und "Alternde Gesellschaft" (innovative Lösungen zur Verbesserung der Lebenslagen von älteren Menschen).

 
Viele Unternehmen der Life Sciences-Branche klagen über einen steigenden Fachkräftemangel. Kann dem die FHNW als Ausbildungsstätte für künftige Fachkräfte entgegen steuern?

Die FHNW setzt viel daran, ihren Beitrag zur Linderung des beklagten Fachkräftemangels zu leisten. Bei der Gestaltung ihrer Angebote in der Aus- und Weiterbildung steht die Fachhochschule in engem Kontakt mit der Wirtschaft, beispielsweise durch Dozierende aus der Praxis, in gemeinsamen Ausbildungsprojekten oder in Beiräten. Die Leitung der FHNW sucht im Rahmen von Praxistagen, Stakeholder-Befragungen und öffentlichen Anlässen bewusst das Gespräch mit Vertretern aus Wirtschaft und Gewerbe. Die Studiengänge werden vermehrt so gestaltet, dass auch ein Teilzeitstudium möglich ist. So können die Studierenden in ihrem angestammten Unternehmen weiterbeschäftigt werden, sich weiterqualifizieren und ihre neuen Kenntnisse direkt einbringen. Gerade im MINT-Bereich müssen die Grundlagen für die spätere Berufswahl jedoch schon früh, also im Kindes- und Jugendalter, gelegt und erhalten werden. Hier engagiert sich vor allem die Pädagogische Hochschule der FHNW. Sie hat ein Zentrum für Naturwissenschafts- und Technikdidaktik eingerichtet, das auch die Strategische Initiative "EduNat" trägt. Als erste PH der Schweiz verfügt sie zudem über eine Stiftungsprofessur für Informatische Bildung. Beide Professuren arbeiten eng mit den Schulen und Schulbehörden der Trägerkantone zusammen.

 
Um den neuen Leistungsauftrag zu erfüllen, werden im Vergleich zur letzten Leistungsperiode 23 Millionen Franken mehr benötigt. Weshalb entstehen höhere Kosten?

Die Vorgaben des Leistungsauftrags sind ambitioniert und stellen die Mitarbeitenden der Hochschule vor grosse Herausforderungen. Der Mehrbedarf von 23 Millionen Franken ist einerseits durch höhere Infrastrukturkosten erklärbar. Die FHNW durfte 2013 Neubauten in Olten und Brugg-Windisch beziehen und freut sich, dass sie im Sommer auch den Campus auf dem Dreispitz in Basel in Betrieb nehmen kann. Insbesondere die höheren Mietkosten und die Abschreibungen aus Erstinvestitionen verursachen Mehrkosten von rund 8 Millionen Franken. Die übrigen 15 Millionen werden zur Teilfinanzierung des im Leistungsauftrag vorgesehenen Studierendenwachstums und insbesondere für die Integration der Ausbildung für „Quereinsteigende“ in der Pädagogischen Hochschule benötigt. Bisher wurden die Quereinsteigenden mittels separaten Krediten direkt durch die Trägerkantone finanziert. 15 Millionen Franken des Mehrbedarfs können aber aus den von der FHNW erwirtschaftete Reserven finanziert werden.

 

Es gibt Stimmen, die von der FHNW die Einführung eines einheitlichen Kosten-Managements und -Controllings fordern, sodass die Durchschnittskosten unter Berücksichtigung der fachspezifischen Aufwände pro Studierenden in allein Studiengängen vergleichbar werden. Kostentreiber sollen so erkannt und die Kostenstruktur optimiert werden können. Ist dieser Ansatz sinnvoll?

Alle Fachhochschulen in der Schweiz pflegen ein ausgebautes Controlling. Bereits mit der Gründung der Fachhochschulen hat der Bund einheitliche Rechnungslegungsvorschriften definiert. Dank diesen Vorschriften – deren Einhaltung jährlich im Auftrag des Bundes revidiert wird – liegen den Fachhochschulen aussagekräftige Vergleichswerte vor. Selbstverständlich nutzen die Direktion und der Fachhochschulrat die Möglichkeit von Benchmarks seit Jahren. Auch im Leistungsauftrag finden Sie entsprechende Zielvorgaben: Die FHNW wird an den Benchmarks gemessen. Vergleiche innerhalb der Fachbereiche mit anderen Hochschulen sind also längst umgesetzt und werden zur Steuerung genutzt. Hingegen sind Vergleiche über Fachbereiche hinweg, z.B. zwischen der Hochschule für Technik und der Hochschule für Soziale Arbeit, nicht zweckmässig, denn die Curricula der Ausbildung und die notwendige Infrastruktur sind zu unterschiedlich.

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