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04. Mai 2018

Folgenreicher Unterbruch

Nichts ging mehr als die Rheintalbahnstrecke letztes Jahr wegen einer Havarie gesperrt werden musste. Eine aktuelle Studie beziffert nun den volkswirtschaftlichen Schaden, der dadurch entstanden ist: gut 2 Milliarden Euro. Trotz gravierender Folgen für die Wirtschaft und immensen Wertschöpfungsverlusten werden Forderungen nach Bypass-Konzepten immer noch als zu teuer abgetan.

 

Schienen_SBB_web.jpg Als im August 2017 die Tunnelbaustelle im badischen Rastatt-Niederbühl durch eine Havarie beschädigt wurde, war wohl den wenigsten bewusst, welch gewaltigen Folgen daraus entstehen würden. Die zweigleisige Rheintalbahnstrecke, auf der nahezu 50 Prozent des Warenaustauschs zwischen Nordeuropa und Italien via die Schweiz im kombinierten Verkehr abwickelt wird, war während sieben Wochen gesperrt. Diese Vollsperrung des Hauptkorridors des mitteleuropäischen Güterverkehrs hinterliess einen gewaltigen volkswirtschaftlichen Schaden.

 

Studie zeigt volkswirtschaftlichen Schaden auf

Tausende Züge mussten umgeleitet werden, viele weitere fielen gleich ganz aus. Die aktuelle Studie der Hanseatic Transport Consultancy (HTC) beziffert den Schaden, der daraus entstand, auf über 2 Milliarden Euro, rund 2,5 Milliarden Franken. 1,7 Milliarden Euro, also 85 Prozent der gesamten Wertschöpfungsverluste, gingen zulasten von Schienenlogistikunternehmen und ihrer Kunden. Die restlichen 15 Prozent, rund 300 Millionen Euro, sind Verluste die aufgrund von Prozessrisiken, gestörter Wertschöpfung bei Infrastrukturunternehmen wie Schienenwege und Terminals, erwartet werden.

 

Weshalb fielen die volkswirtschaftlichen Schäden so gravierend aus?

Doch weshalb fielen die volkswirtschaftlichen Schäden durch die siebenwöchige Vollsperrung auf der wichtigen „Rhine-Alpine“-Strecke so gravierend aus? Die Hauptgründe dafür sehen die Autoren der Studie darin, dass weder Notfallpläne existierten noch praktikable Umleitungsstrecken. Ähnlich sehen dies diverse Organisationen der Bahnlogistik sowie des Naturschutzes. In einem gemeinsamen offenen Brief an den damaligen Bundesminister Alexander Dobrindt kritisieren sie, dass ausreichende Umleitungsstrecken fehlen. Darüber hinaus bemängeln die Autoren der Studie die unzureichende Koordination von Betrieb und Baustellen und die unzureichende internationale Zusammenarbeit der Netzbetreiber.

 

Hafen schafft Ausgleich

Der Hafen Basel erfüllte seine Funktion als Gateway zur Schweiz während des Unterbruchs weiterhin zuverlässig. Im September 2017 wurden mit 14‘645 TEU gut ein Viertel mehr als im Vorjahresmonat auf dem Wasserweg umgeschlagen. Dies zeigt, wie wichtig der Hafen nach wie vor für den grenzüberschreitenden Handel ist.

 

Bypass nötig

Neben dem direkten volkswirtschaftlichen Schaden wiegt aber auch der Vertrauensverlust der betroffenen Unternehmen in den Verkehrsträger Schiene schwer. Als mittel- bis langfristige Folge sind dadurch die von der EU definierten Verlagerungsziele gefährdet. Im Nachgang zur Havarie in Rastatt wurden Forderungen nach Bypass-Konzepten lauter. Die Verantwortlichen lehnen diese jedoch als zu kostspielig ab: „Damit wird vergleichbaren Ereignissen und Folgen analog zu Rastatt unnötig Vorschub geleistet“, so die Autoren der Studie.

 

Aber ist ein Bypass-Konzept für diesen ausserordentlich wichtigen Güterkorridor tatsächlich zu kostspielig? Dies darf angesichts der enormen finanziellen Schäden durch den Unterbruch von vergangenem Herbst bezweifelt werden. Allein diese liegen mit über 2 Milliarden Euro beim Dreifachen der Kosten für den Ausbau des Streckenabschnitts, die mit 700 Millionen Franken veranschlagt werden.

 

Dr. Sebastian Deininger
Wissenschaftlicher Mitarbeiter Standortpolitik
[email protected]
T +41 61 270 60 24

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